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Birgit Heilig über Social Impact Lab und Send e.V.

Birgit Heilig leitet gemeinsam mit Michael Wunsch das Social Impact Lab Frankfurt und ist im Vorstand des Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland (SEND e.V.) dem Verband für SozialunternehmerInnen und Social Start Ups in Deutschland.

Interview: Daniela Mahr, August 2018
Foto: Christine Buhl

Für diejenigen, die das Social Impact Lab nicht kennen: Wie beschreibst du das Social Impact Lab?

Unsere Kernaufgabe ist es, Social Start Ups auszubilden. Wir haben an unseren neun Standorten verschiedene Gründerprogramme im Angebot, für die sich Interessierte bewerben können. Wenn sie aufgenommen werden, erhalten sie acht Monate lang ein Mentoring, das eine Gründungsberatung und Hilfe beim Aufbau des Geschäfts- und Wirkungsmodells beinhaltet. Zudem können sie während der acht Monate unseren Co-Working-Space kostenlos nutzen und erhalten von uns Unterstützung beim Netzwerken. Das AndersGründer Programm für Social Startups geht aktuell in die zwanzigste Runde.

Social Start Ups bekommen acht Monate lang ein Mentoring und können den Co-Working-Space kostenlos nutzen.

Das ChancenNutzer Programm hilft Menschen mit Migrationshintergrund, ihren Weg in die Selbständigkeit zu finden. Daneben gibt es das Programm StartHope@Home, welches geflüchteten Menschen hilft, die zurück in ihre Heimat möchten. Wir zeigen ihnen unternehmerische Grundlagen, die sie dann in ihrem Heimatland dazu nutzen können, etwas Eigenes aufzubauen.

Wie kam es dazu, dass du die Stelle übernommen hast?

Das war ein verrückter Zufall. Als mein Kollege und ich noch die Cool Ideas Society Mainz leiteten fragte man, uns ob wir nicht jemanden kennen, der für die Position infrage käme oder ob es für uns selbst interessant wäre. Für uns war klar, dass wir die Stelle, wenn, dann nur gemeinsam übernehmen und so haben wir eine Doppelbewerbung eingereicht. In der Szene kannte man unsere Arbeit. Und so bekamen wir die Stelle. Wir teilen uns den Job, allerdings hat jeder eine 4-Tage-Woche. Den freien Tag nutzen wir, um uns anderen Projekten zu widmen, zum Beispiel SEND.

Was sind aktuell Deine Haupttätigkeiten?

Ich leite den Standort in Frankfurt zusammen mit meinem Kollegen Michael Wunsch. Meine Aufgabe dabei ist die Betreuung verschiedener Programme und die Qualifizierung und Qualitätssicherung von Workshops und der Beratung, die wir anbieten. Zudem habe ich die Budgetaufsicht und muss die Finanzen im Blick haben. Ich bin mit den Förderpartnern in Kontakt und stimme mich entsprechend ab. Zudem ist Netzwerken ein großer Bereich meiner Aufgaben: Rausgehen und schauen, wer passender Kooperationspartner sein könnte.

Der Job ist sehr vielfältig. Ich coache die Gründerteams alle vier Wochen um zu sehen, wo sie derzeit stehen, wo es hakt und was sie brauchen könnten. Intern haben wir ein Team von 10 Personen. Es gibt allerdings Bereiche wie Marketing, Vertrieb, Rechtsberatung und viele andere, für die wir spezialisierte FreiberuflerInnen engagieren. Zusammenfassend kann man sagen, dass ich zwar angestellt bin, meine Arbeit sich aber sehr frei und unternehmerisch gestaltet.

Wie finanziert sich das Social Impact Lab?

Wir werden zum großen Teil von verschiedenen Stiftungen finanziert. Zudem generieren wir Mieteinnahmen mit unserem Co-Working-Space.

Wer bewirbt sich im Social Impact Lab? In welchem Stadium ist es ratsam?

Es kommen ganz unterschiedliche Menschen zu uns. Manche haben eine sehr vage Idee und wissen nur, dass sie sich selbstständig machen möchten, aber noch nicht womit. Manchmal ist ein Grundkonzept da, aber noch lange kein Geschäftsmodell. Es gibt wieder andere, die ein bereits laufendes Start Up leiten, erste Kunden gewinnen konnten und die mit unserer Hilfe richtig einsteigen und sich professionalisieren möchten.

An welchen aktuellen Pitch erinnerst du dich besonders?

Vor kurzem kam Amanda mit ihrer Idee „Room4Goods“ zu uns. Sie möchte Unternehmen und öffentliche Institutionen dazu bringen, leerstehende Räume für gemeinnützige Projekte zur Verfügung zu stellen. Die FDP in Baden-Württemberg hat die Idee schon aufgenommen und stellt ihre Räume für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung. Das ist, was mir daran besonders gefiel: Jemand gibt einen Impuls und bevor das Geschäftsmodell überhaupt steht, wird es umgesetzt und man sieht, dass es funktioniert.

Eine wichtige Aufgabe von SEND ist es, bessere Rahmenbedingungen für Finanzierungsmöglichkeiten zu schaffen.

Du bist zudem Vorstand bei SEND, dem Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland…

Ja, SEND e.V. hat sich letztes Jahr gegründet. Es ist der erste bundesweite Verband zum Thema Social Entrepreneurship mit dem Ziel, das Thema in Deutschland stärker zu platzieren und politisch zu verankern. Im Gründungsteam sind alle wichtigen Player, die in Deutschland auf dem Feld spielen:

Social Impact, Ashoka, Impact Hub und andere. Eine wichtige Aufgabe ist es, bessere Rahmenbedingungen für Finanzierungsmöglichkeiten zu schaffen. Ein Beispiel ist das EXIST- Stipendium, das vor allem an technologische, leider aber fast gar nicht an soziale Innovationen vergeben wird.

Was sind Deine Aufgaben als Vorstand des Verbands?

Ich bin derzeit dabei, Regionalgruppen aufzubauen und White Paper mitzuerstellen, in denen wir besprechen, wie man das Thema vor Ort am besten stärkt. Daneben stelle ich den Verband und die Themen im Namen von SEND bei unterschiedlichen Veranstaltungen vor. Vor kurzem habe ich zum Beispiel an der Uni Würzburg eine Einführungsvorlesung zum Thema Social Entrepreneurship gehalten. Die IHK Wiesbaden fragte bereits an, weil sie das Thema bei sich aufnehmen möchte, was uns natürlich sehr freut.

Der Verband ist politisch sehr aktiv. Wie sieht das genau aus?

Die Verankerung in der Politik spielt eine zentrale Rolle. Wir haben es geschafft, dass das Thema Social Entrepreneurship immerhin in den Koalitionsvertrag aufgenommen wurde. Was die politische Ebene betrifft, so sind meine Kollegen in Berlin natürlich viel aktiver, weil sie einfach näher dran sind und den direkten Kontakt zu den Bundestagsabgeordneten haben Entsprechend versuchen wir allerdings auch auf kommunaler und Länderebene, das Thema zu positionieren.

Die politische Arbeit gestaltet sich nicht immer einfach. Vor den Wahlen haben wir Fragebogen an alle Parteien geschickt. Bei der Gelegenheit gab es große Diskussionen darüber, ob wir die AFD miteinbinden oder nicht. Letztlich kamen wir zu dem Punkt, dass die Grundwerte, die diese Partei vertritt so grundverschieden von Social Entrepreneurship sind, dass wir sie nicht in den Diskurs einbinden.

Siehst du eine politische Richtung der „Szene“ des Social Entrepreunerships?

Nein, da ist das ganze Spektrum dabei. Es gibt die klassischen „Weltverbesserer“, die eher in die linke und grüne Richtung gehen. Dann gibt es die, die sehr unternehmerisch orientiert sind. Das geht dann eher in die Richtung FDP oder CDU. Die Mischung ist unglaublich spannend, weil alle voneinander profitieren.

Was mache ich hier eigentlich? Ich bin Anfang dreißig und liege im EKG wegen meines Jobs.

Was brachte Dich dazu, Dich mit Social Entrepreneurship zu beschäftigen? Wie war Dein Weg dorthin?

Pünktlich zur Finanzkrise 2008 habe ich mein Studium in Romanistik und Vergleichender Sprachwissenschaft abgeschlossen. Als Geisteswissenschaftlerin im Nischenfach waren die Chancen auf dem Arbeitsmarkt natürlich großartig (lacht). Ich hatte einen Studentenjob in der Medienforschung, einen Minijob bei einem bengalischen Lebensmittelhändler und war danach kurz arbeitssuchend.

Als mir das Geld ausging, habe ich mich dazu entschlossen noch eine Ausbildung als Speditions- und Logistikkauffrau zu machen und bin dann mit 30 nochmal auf die Berufsschule gegangen. Ich konnte die Ausbildung in der Hälfte der Zeit absolvieren und bekam anschließend sofort einen Job bei einem US-amerikanischen Unternehmen mit 14.000 Mitarbeitern, bei dem ich mich aber nie wohlfühlte.

Da die Firma keine eigenen Filialen in Osteuropa unterhielt, fungierte ich als Schnittstelle und Koordinatorin. Zum Beispiel habe ich den Kollegen aus Frankreich die Prozesse bei Frachtlieferungen nach Kasachstan erklärt. Ich war vor allem beratend und vermittelnd tätig, weil die Unterschiede zwischen den Ländern in jeder Hinsicht sehr groß waren.

Es war spannend ein Team von 200 Menschen in den unterschiedlichsten Kulturkreisen zu betreuen, allerdings hatte ich nur sehr wenig persönlichen Kontakt. Wenn es dann doch mal ein Geschäftsessen gab, ging es eigentlich nur darum, wie wir dem Kunden noch mehr Geld aus der Tasche ziehen konnten. Ich wusste vom ersten Tag an, dass ich bei dieser Firma falsch bin und dass das nicht meine Welt ist. Aber zu dem Zeitpunkt sah ich keine Alternative.

Was hat Dein Gefühl, falsch an Deinem alten Arbeitsplatz zu sein, bestärkt?

Ich habe keinerlei Wertschätzung für mein Studium, die Sprachkenntnisse und Auslandsaufenthalte erfahren. In dem Moment, in dem ich natürlich aufgrund meiner Sprachkenntnisse mit den Menschen auf eine gute Ebene kam, fand man es doch gut. Man hat gespürt, dass man nur etwas wert ist, wenn es der Firma nützt. Eine Ausbildung zu machen und die ganze Erfahrung mitzunehmen war allerdings nicht verkehrt. Zu sehen, wie Großkonzerne aufgebaut sind und welche Prozesse es gibt, war sehr hilfreich.

Meine Chefin war Ende Fünfzig und hat mir direkt gesagt, dass sie mich darauf vorbereitet, die Abteilung zu übernehmen. Ihr Vertrauen in mich hat mich geehrt. Ich wollte nicht zu früh aufhören, weil ich dachte, dass ich vielleicht irgendwann in die Firma und meine Rolle reinwachse. Mit der Zeit wurde ich allerdings immer unzufriedener und habe dabei ignoriert, dass es mir auch körperlich immer schlechter ging. Bis mir dann nach einem sehr schlimmen Tag ein Burn Out diagnostiziert wurde. Der Moment hat sich sehr in mein Gedächtnis eingebrannt: Es war November, der Arzt machte das EKG, ich lag frierend im Raum und dachte mir:

„Was mache ich hier eigentlich? Ich bin Anfang dreißig und liege im EKG wegen meines Jobs.“ Das war der Punkt, an dem ich beschloss einiges zu ändern. Insgesamt war ich fünf Jahre in der Firma.

War die Sinnhaftigkeit in dem, was Du tust, auch ein Grund auszusteigen?

Ja, ich habe mich oft nach dem Sinn meiner Arbeit gefragt. Innerhalb des Unternehmens ergaben viele Dinge natürlich Sinn. Aber wenn ich die Firma zu mir und meinem Leben in Bezug setzte, dann war sie mir vollkommen egal. Manche Menschen, die dort gearbeitet haben, zogen ihren Sinn daraus, dass sie mit dem mit der Arbeit verdienten Geld ihr Haus abbezahlten. Das ist auch in Ordnung. Bei mir hat es aber nicht funktioniert, den Sinn alleine über den finanziellen Aspekt zu stiften.

Unser unternehmerisches Handeln sollte einen positiven Beitrag zur Welt leisten.

Wie ging es danach weiter?

Durch Zufall lernte ich Michael Wunsch kennen, der schon viel im Social Entrepreneur-Bereich tätig war. Er erzählte mir viel davon und lud mich zu einer Veranstaltung nach Frankfurt von Cool Ideas Society ein. Nach einem langen Arbeitstag nahm ich dann zum ersten Mal an einem ko-kreativen Event von Cool Ideas Society teil und sah ich dann meinen ersten Doppel-Pitch und merkte sofort, dass ich an dieser offenen und kreativen Welt teilhaben wollte.

An diesem Abend dachte ich mir schon, dass ich mir sehr gut vorstellen konnte, Unternehmensgründer mit meiner Erfahrung zu unterstützen. Da Micha schon länger die Idee hatte, sich selbstständig zu machen und ich auf der Suche nach neuem Input und vor allem sinnhaftem Tun war, haben wir uns zusammengetan. Das Konzept des Social Entrepreneurship hat mich sofort überzeugt. Unser unternehmerisches Handeln sollte einen positiven Beitrag zur Welt leisten.

Ich hatte anfangs Bedenken, mich selbstständig zu machen. Micha überzeugte mich dann aber, meine Energie für etwas Positives zu nutzen. Da ich inzwischen meinen Job gekündigt hatte und arbeitslos war, nahm ich die Möglichkeit wahr und beantragte den Gründerzuschuss.

Wir wollten gerne mehr Menschen helfen, Social Entrepreneuship für sich zu entdecken. Das Lab bietet ja denen einen Raum, die schon eine Idee haben. Aber was ist mit denen, die wissen, dass sie sich selbstständig machen möchten, aber die Richtung noch nicht kennen oder einfach auf der Suche nach neuen Impulsen sind? Dafür haben wir den Changemaker-Space aufgebaut. Das ist ein Workshop-Format für 20 TeilnehmerInnen, die gemeinsam in drei Tagen mit kollaborativen Methoden eine erste sozialunternehmerische Geschäftsidee aufbauen.

Wie waren Eure Erfahrungen mit dem Changemaker-Space?

Das lief sehr gut! In der Jury, die sich die Ergebnisse ansah, war unter anderem Nils Hafa, der damalige Leiter des Social Impact Lab Frankfurt. Ihn haben gleich zwei Konzepte überzeugt, die dann anschließend vom Social Impact Lab gefördert wurden. Uns wurde klar, dass wir mit unserer Arbeit einen weiteren Bedarf decken. So entstand die Idee, dass wir eine offizielle Vorstufe für das Lab sein könnten. Nils stellte den Kontakt zur KFW-Stiftung her, die dann die nächsten beiden Runden förderte. Die vierte Runde haben wir dann zusammen mit dem Kölner Colabor realisiert. Der Moment, in dem wir eine finanzielle Grundlage für unsere Arbeit hatten, hat alles grundsätzlich verändert.

Wenn ich nahezu Vollzeit arbeite, aber nicht davon leben kann, dann ist das Selbstausbeutung, kein Sozialunternehmertum.

Wie siehst Du ansonsten das Verhältnis der Finanzierung, wenn Du an Sozialunternehmertum und Arbeit im Non-Profit-Bereich denkst?

Ich finde, das sind zwei ganz verschiedene Dinge. Wenn ich mich entscheide, etwas ehrenamtlich auszuführen, dann tue ich das meistens aus einer gewissen finanziellen Sicherheit heraus und ohne unternehmerischen Ansatz. Auch wenn ich selbst eine Non-Profit-Organisation gründe, entscheide ich mich dafür, dass meine Einnahmen aus anderen Quellen kommen. Und wenn ich nahezu Vollzeit darin arbeite, aber nicht davon leben kann, dann ist das Selbstausbeutung. Selbstausbeutung ist aber nicht sozial. Die Frage der Finanzierung geht ja noch tiefer. Manche fühlen sich von einer Stiftung abhängig, weil sie von dieser gefördert werden.

Wir haben uns darüber lange ausgetauscht und sind zu dem Schluss gekommen, dass die Stiftung auch Kunde ist. Die KfW-Stiftung möchte, dass das Thema Entrepreneurship in Deutschland vorankommt, Social Impact hat ein Konzept dafür. Also gibt die KfW-Stiftung Social Impact das Geld dafür, dass es ausgeführt werden kann. Auch jeder Mensch, der an einen gemeinnützigen Verein spendet, verbindet damit eine Erwartungshaltung. Wir raten aber jedem Start-Up auch zu einem fördermittelunabhängigen Geldfluss. Meistens läuft es auf die hybride Finanzierung hinaus. Wichtig für den Erfolg ist, dass der Geldfluss planbar ist.

Was war deine größte Lernerfahrung in der Zeit, seit du deinen früheren Job an den Nagel gehängt hast?

Nach meinem Burn-Out habe ich viel mit den Leuten von Cool Ideas Society gemacht. Deren human- und wertorientierte Arbeit war komplett neu für mich. Ich dachte plötzlich „meine Güte, was habe ich eigentlich bislang mit mir machen lassen?“ Diese Erkenntnis tat mir richtig weh. Daraus ist mittlerweile eine gewisse Kompromisslosigkeit entstanden. Ich kann jetzt sagen: „Bis hier und nicht weiter!“

Früher mochte ich es nicht, Referate und Präsentationen zu halten. Bei Cool Ideas Society habe ich dann aber angefangen, die Abende zu moderieren und daran schnell Gefallen gefunden. Ich konnte dabei viel intuitiver agieren und musste mich nicht strikt an eine Agenda halten. Besonders gerne mach ich heute die Ideenabende. Vom Erstellen der Agenda über den Ablauf bis zur Auswertung. Das ist großartig.

Auch in finanzieller Hinsicht habe ich viel gelernt. Die Erfahrung es durchzuziehen, auch wenn ich nicht die finanzielle Sicherheit für die nächsten Monate habe, war sehr hilfreich. Ich hatte ein kleines Polster und mir ein bestimmtes Limit gesetzt. Dieses war letztes Jahr erreicht und dann kam durch glückliche Fügung das Jobangebot vom Social Impact Lab. Ich habe für mich gemerkt, dass ich es natürlich angenehmer finde, wenn ich weiß, wieviel Geld jeden Monat auf mein Konto kommt, ich aber dennoch damit umgehen kann, wenn das eine Weile nicht der Fall ist.

Auch der Austausch und die enge Zusammenarbeit mit Micha war und ist sehr bereichernd. Durch ewige Diskussionen, Debatten und kreativen Austausch zu Themen und Methoden erweitert man seinen eigenen Horizont. Auch als Gründerteam haben wir uns oft intensiv miteinander auseingesetzt, aber diese Offenheit war die einzige Möglichkeit, es längerfristig zu schaffen. Sonst würde man es gar nicht aushalten, in einer 40 Stunden-Woche eng zusammenzuarbeiten und am Wochenende oft einen Workshop dranzuhängen.

Auch die Führungsrolle ist sehr lehrreich für mich. Anfangs hatte ich diese typisch weiblichen Zweifel, ob ich denn gut genug für die Rolle bin. Dann sagte ich mir aber, dass ich es nie wissen werde, wenn ich es nicht ausprobiere. Die Vorstandsposition habe ich zum Teil wegen der Frauenquote erhalten, was mich anfangs abschreckte. Aber letztlich ist genau das der Sinn der Quote: Frauen sollen motiviert werden etwas zu tun, was sie sich möglicherweise gar nicht zutrauen.

Du wohnst in Mainz, arbeitest nun in Frankfurt. Wo fühlst du dich zugehörig?

In Mainz ist es sehr schwer geworden, etwas zu verwirklichen. Wir haben versucht, das Thema Social Entrepreneurship in Mainz zu etablieren, was sehr schwierig war, weil wir im Grunde nur zu zweit waren und die „kritische Masse“ gefehlt hat. Wir konnten aber die erste Mainzer Gründerwoche mit aufbauen, das war toll. So ein Thema jedoch an einem Ort zu etablieren braucht Zeit und Mainz und Rheinland-Pfalz gehören nicht zu den wohlhabendsten Orten, die das ermöglichen könnten. Deswegen tendenziell eher Frankfurt, aber ich ziehe nur sehr ungern um.

Mainz haben wir deshalb derzeit aufgegeben, weil sich die Projekte weder nachhaltig finanzieren ließen, noch eine wirklich nennenswerte kritische Masse da war.

Und wenn Du an das Rhein-Main-Gebiet denkst?

Dann würde ich das erstmal verwaltungstechnisch zusammenlegen. Bei Projekten, die sich Rhein-Main nennen, endet die Förderung meistens in Mainz-Kastel, weil Hessen nichts in Rheinland-Pfalz fördert und umgekehrt. Ich würde eine Einheit Rhein-Main bilden.

Wir haben in Rheinland-Pfalz viel versucht, aber es ist sehr schwierig, weil es ein Flächenland ist mit wenigen Städten, die sich viel nach außen orientieren. Der Umweltcampus Birkenfeld macht tolle Sachen, ist aber auch nicht wirklich angedockt innerhalb des Landes.

Mainz haben wir deshalb derzeit aufgegeben, weil sich die Projekte weder nachhaltig finanzieren ließen, noch eine wirklich nennenswerte kritische Masse da war. In Wiesbaden ist es schon alleine wegen des Heimathafens einfacher. Future Flux aus Wiesbaden haben sehr stark mit den Kommunen zusammengearbeitet. Nicht zu vergessen, dass die Wirtschaftsförderung in Wiesbaden um einiges besser ausgestattet ist. Zum Vergleich: Die Wirtschaftsförderung in Mainz hat zwei Mitarbeiter, in Wiesbaden 18.

Was wir innerhalb der Gründerszene merken ist, dass es sie immer noch nach Frankfurt zieht. Frankfurt ist ganz klar eine andere Liga. Die „Nachhaltigkeits-Szene“ ist viel größer. Du hast mehr Stiftungen, Großkonzerne und Banken als potenzielle Unterstützer vor Ort. Mainz hat zwar auch eine Gründerszene, aber die, die größeres vor Augen haben, zieht es nach Frankfurt.

Wer sind im Rhein-Main-Gebiet die Personen, Projekte, Unternehmen, die man nicht übersehen sollte?

Na, auf jeden Fall das Social Impact Lab mit allem, was dort passiert. Der Heimathafen in Wiesbaden ist ebenfalls ein guter Anlaufort. Makesense in Frankfurt sind auch sehr aktiv. Die Triodos Bank macht einen Nachhaltigkeitsstammtisch. Es gibt viele Nachhaltigkeitsfestivals in Frankfurt. Wenn man auf der Suche nach rein ökologischer Nachhaltigkeit und Permakultur ist, dann ist das Coworking M1 in Mainz die richtige Adresse. Um das Rhein-Main-Gebiet zu aktivieren und zusammenzubringen haben wir eine Facebookgruppe gegründet: Social Entrepreneurship Rhein-Main.

Birgit Heilig auf reflecta.network

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